Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Die damit verbundenen Durchblutungsstörungen im Gehirn sind der häufigste Grund für Behinderungen im Erwachsenenalter. Der 10. Mai ist in Deutschland „Tag gegen den Schlaganfall“ und steht 2021 unter dem Fokusthema „Einsamkeit“.
Einsamkeit ist für Menschen nach einem Schlaganfall oft eine Herausforderung: Sozialkontakte bei der Arbeit, beim Sport oder auch im Freundeskreis fallen durch die Einschränkungen oft vollständig weg. Corona verstärkt die Gefahr der Vereinsamung derzeit zusätzlich. Michael Berner, Leitung der Villa Viva, und Manuela Kolbeck, Mitarbeiterin in der Offenen Behindertenarbeit bei Körperbehinderte Allgäu, geben Antworten auf wichtige Fragen und ermutigen, auch neue, digitale Angebote zu nutzen.
Welche Angebote können Betroffene und Angehörige in der Villa Viva nach einem Schlaganfall nutzen?
Michael Berner: Neben unserer therapeutischen Intensivförderung in der Tagesstätte, besucht unser Mobiler Dienst die Klienten auch direkt im eigenen Zuhause, um sich dort den alltäglichen Herausforderungen im häuslichen Umfeld zu widmen. Ergänzt wird das durch Freizeit-, Bildungs- und Begegnungsangebote für Betroffene und ihre Angehörigen von unserer OBA.
Was bedeutet OBA und was ist das Besondere daran?
Manuela Kolbeck: OBA steht für Offene Behindertenarbeit. Hier geht es vor allem darum, wie man sein Leben mit Handicap gestalten kann und wie man selbst, aber auch Angehörige, mit der neuen Lebenssituation umgehen. Für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen ändert sich meistens sehr viel im Leben und im Alltag. Viele Sozialkontakte zum Beispiel bei der Arbeit, beim Sport oder im Freundeskreis fallen von jetzt auf gleich weg. Die eigene Identität muss wieder, manchmal auch komplett, neu definiert werden. Da dauert es oft lange, bis man sich wieder öffnen und auf andere einlassen kann. Auch für die Angehörigen ändert sich das Leben ganz massiv – zum Beispiel dadurch, dass sie zusätzliche Alltagsaufgaben und/oder die Pflege übernehmen müssen. Der Wegfall von sozialen Kontakten und die Gefahr von Vereinsamung besteht also gleichermaßen für Betroffene und Angehörige. Hier bieten mir mit der OBA einen wichtigen Ausgleich an. Neben den Einzelberatungen ist es oft noch wichtiger, sich mit anderen austauschen zu können, die ähnliches erlebt haben, um sich gegenseitig zu unterstützen und von Erfahrungen zu profitieren. Hierfür laden wir zum Beispiel zu Stammtischen oder gemeinsamen Freizeitaktivitäten ein.
Wie sehen diese Treffen in Zeiten der Corona-Pandemie aus?
Michael Berner: Die Therapien in der Villa Viva sowie Einzelberatungen sind unter Beachtung der Schutzvorkehrungen glücklicherweise weitgehend möglich gewesen. Anders sieht es bei Gruppen- und Begegnungsangeboten aus. Im Sommer letzten Jahres konnten einzelne Treffen im Freien stattfinden, was wir im Herbst aber leider wieder einstellen mussten, sodass viele der besonders nachgefragten Angebote wie beispielsweise die Stammtische ausfallen mussten. Manuela Kolbeck: Wir haben lange überlegt und uns mit den Bedenken der Teilnehmenden hinsichtlich Online- und Telefonangeboten intensiv auseinandergesetzt. Denn gerade nach einem Schlaganfall kann die Kommunikation sehr herausfordernd sein – selbst von Angesicht zu Angesicht. Vor kurzem haben wir eine Fantasiereise online angeboten
und das Feedback war durchweg positiv. Das hat uns darin bestärkt, auch unseren Stammtisch erstmals online anzubieten, was am vergangenen Freitag seine Prämiere hatte. Auch das hat gut geklappt und ist auf großen Anklang gestoßen. Denn gerade für mobilitätseingeschränkte Menschen oder weiter entfernt Lebende, kann das digitale Angebot auch eine Erleichterung bedeuten. Deswegen überlegen wir derzeit, solche Angebote auch nach der Pandemie beizubehalten.
Was wären diesbezüglich Ihre Wünsche?
Michael Berner: Natürlich wäre unser Wunsch, dass wir uns bald alle wieder bedenkenlos im echten Leben begegnen können. Bis dahin möchten wir aber alle herzlich ermutigen, sich auf die Online-Alternativen einzulassen. Denn wie meine Kollegin bereits sagte: Es gibt auch positive Aspekte der Online-Treffen!
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Kolbeck und lieber Herr Berner!
Gut zu wissen: FAST gegen den Schlaganfall
- Face – Bitten Sie die Person zu lächeln. Häufig ist eine Gesichtshälfte gelähmt.
- Arms – Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einem Schlaganfall, funktioniert dies meist nur auf einer Körperseite.
- Speech – Bitten Sie die Person, einen einfachen Satz nachzusprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, könnte eine Sprachstörung vorliegen.
- Time – Treffen die obenstehenden Punkte zu? Zögern Sie nicht länger und rufen Sie den Rettungsdienst.
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